Sie ist heute anders, sehr aufgewühlt und durcheinander. Eine seltsame Begegnung liegt hinter ihr und das Glück, von dem die Rede war, macht ihr nun den Atem schwer. Kein Wort davon zwischen ihr und ihrem Mann, doch misstrauisch beäugt er sie. Ihre Augen mag er nicht mehr küssen, er fürchtet sich. Warum strahlen sie vor Glück, warum zittern sie vor Angst?

Beider Augen weichen einander aus, bis sie selbst die Entscheidung fällt das Haus zu verlassen. Sie macht sich auf den langen Weg zu einer Verwandten, die gleichzeitig ihre beste Freundin ist. Diese, hochbetagt an Jahren, ist wie durch ein Wunder noch schwanger geworden. Rat sucht sie bei ihr.

Er bleibt zurück, in Verwirrung und großer Sorge. Auch er hatte eine seltsame Begegnung und kann nicht fassen, was er sah und hörte. Sie erwarte ein Kind, doch nicht von ihm. Er lässt sie gehen, was soll er tun.
Erschöpft und verloren in vielen Gedanken erreicht sie ihre Freundin. „Sag nichts, ich weiss alles und ich weiss, dass es gut wird!“. Ihre Umarmung formt beide Frauen zu einem Köper und die Frucht ihrer Schöpfung beginnt zu tanzen.
Die Zeit steht still, auch wenn Monate vergehen.

Glücklich und befreit von schwerer Last kehrt sie zurück zu ihrem Mann. Ihr Kind ist Gottes Sohn, dessen nun ist sie gewiss, auch, dass er einst ein Kämpfer der Gerechtigkeit in dieser Welt sein wird. Sie ahnt noch nicht zu welchem Preis und glaubt an Wunder.

Schliesslich auch ihr Mann. Er umarmt sie fürsorglich und liebevoll, ihr Bauch ist die Barriere. Sprechen über die aufwühlenden und wundersamen Ereignisse werden sie nie und so bleibt das Geheimnis bei ihnen. Erst später wird darüber einmal berichtet werden.

Und dann öffnet ein gleissend Licht die Türen und Tore der Kathedrale. Alle halten inne, bis langsam und bedächtig einige Menschen dem Licht entgegen gehen. Fragend bleiben sie stehen:

„Wie soll ich dich empfangen und wie begegn´ ich dir?“

Havanna ist ein Ort der Wunder. Michael Sturm, 23. 12.2022